Rund ums Meditieren

Kinderhypnose: Der erste Zahnarztbesuch von Dr. Gabi Behneke

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Erster Zahnarztbesuch: Die meisten Kinder kommen im Alter von 3 bis 6 Jahren zum ersten Mal zum Zahnarzt. Die Erfahrungen, die ein Kind bei seinem ersten Zahnarztbesuch macht, sind für die spätere Behandlung von großer Bedeutung. Bei der ersten Begegnung ist es mir wichtig, dem Kind das Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit zu vermitteln, es spielerisch mit den Instrumenten, Behandlungsschritten und Geräuschen vertraut zu machen und ein Vertrauensverhältnis aufzubauen.

Grundvoraussetzung, dass sich ein Kind beim ersten Zahnarztbesuch in der Praxis wohl fühlt, ist eine positive Einstellung des Praxisteams Kindern gegenüber. Wichtig ist die Bereitschaft und die Fähigkeit, sich in die Lage des Kindes hineinversetzen zu können (Empathie).

Kinderhypnose

Wir bestellen Kinder 5 bis 10 Minuten vor dem Behandlungstermin ein. Dann kann es im Wartezimmer mit der Mutter oder Begleitperson (im Folgenden beziehe ich unter dem Begriff „Mutter“ die Begleitperson mit ein) ein Buch anschauen oder spielen. Damit erreichen wir, dass sich das Kind in der Praxis akklimatisieren kann.

Beim ersten Zahnarztbesuch ist es selbstverständlich, dass das Kind in Begleitung der Mutter ins Behandlungszimmer kommt. Jedoch lassen wir während der Behandlung nur eine erwachsene Begleitperson im Raum. Kinder (Geschwister, Freunde) dürfen zusätzlich mit hinein. Kooperative Kinder werden von meiner Assistentin ins Behandlungszimmer begleitet, ängstliche Kinder hole ich mit der Mutter zusammen meistens selbst im Wartezimmer ab.

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Bei mir werden Kinder immer im selben Zimmer behandelt. Dort habe ich Handpuppen und Kuscheltiere, Kinder-CDs und Kinder-Kassetten, eine Video-Kamera und ein Fernseh-Video-Gerät, das mit der Kamera verbunden ist. So können sich die Kinder selbst im Fernsehen sehen.

Das Kind wird von mir als erstes begrüßt. Erst dann wende ich mich der Mutter zu. Anschließend frage ich, ob es allein auf dem großen Stuhl Platz nehmen will oder lieber bei der Mutter auf dem Schoß sitzen möchte (scheinbare Wahlfreiheit). Manche Kinder möchten zeigen, dass sie schon groß sind, und setzen sich allein auf den Behandlungsstuhl. Andere wollen lieber auf dem Schoß der Mutter sitzen. So fühlen sie sich sicher und geborgen. Ein weiterer Vorteil ist, dass die Mutter fortwährend den Körperkontakt aufrecht hält.

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Wenn das Kind allein auf dem Stuhl sitzt, nehmen meine Assistentin und / oder ich Körperkontakt auf. Der Körperkontakt wird so lange aufrecht erhalten, bis das Kind den Stuhl verlässt.

Grundsätzlich erfolgt beim ersten Zahnarztbesuch keine Behandlung, es sei denn, das Kind hat akute Schmerzen. Wenn eine Mutter wünscht, dass ich schon beim ersten Termin eine Füllung mache, erkläre ich ihr: „Jetzt ist es erst einmal wichtig, Ihr Kind spielerisch an die Behandlung heranzuführen und sein Vertrauen zu gewinnen. Die Füllung machen wir dann beim nächsten Mal.“

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Dann versuche ich, die Aufmerksamkeit des Kindes zu erreichen. Ich spreche es mit seinem Namen an und mache eine positive Bemerkung, z. B.: „Julia, du hast aber ein tolles T-Shirt an. Da sind ja viele schöne Tiere zu sehen…“. Das Kind bejaht das meistens durch ein Kopfnicken (Yes-Set).

Anschließend sage ich: „Lass deinen Mund ruhig zu (Musterunterbrechung). Wir spielen erst ein bisschen und ich erkläre dir, was wir für schöne Sachen hier haben. Spielst du gern?“ Die Welt des Kindes ist Spielen. Also mache ich es spielerisch mit der ungewohnten Umgebung, den Instrumenten und den Behandlungsschritten vertraut. Dabei nutze ich den Spieltrieb und die natürliche Trancefähigkeit des Kindes, denn beim Spielen sind alle Kinder in Trance.

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Ich lasse das Kind oder die Mutter unser Krokodil halten und sage: „Das Krokodil zeigt den Kindern, wie weit sie den Mund aufmachen sollen. Schau mal, das Krokodil hat ganz viele Zähne. Jetzt zählen wir zuerst mit dem kleinen Spiegel, mit dem man so schön um die Ecke gucken kann, beim Krokodil die Zähne (Abb. 3) und später bei dir“ (Seeding). Wenn das Kind schon zählen kann, zählen wir zusammen. Anschließend frage ich: „Weißt du, wie viele Zähne du hast?“ Die meisten Kinder wissen es nicht und sind neugierig, es zu erfahren.

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Jeder Behandlungsschritt wird von mir angekündigt, begründet und mit positiven Worten, Geschichten oder Metaphern begleitet: „Wir machen es uns jetzt schön gemütlich. Ich fahre dich ein wenig nach hinten. Dann lassen wir die Sonne auf deinen Mund scheinen, damit wir gleich deine Zähne gut sehen können.“ Meistens geht der Mund des Kindes jetzt schon auf. Dafür wird das Kind sofort gelobt: „Du kannst deinen Mund aber weit aufmachen, noch weiter als unser Krokodil. Super!“ Wenn das Kind seinen Mund noch nicht geöffnet hat, sage ich: „Schau mal in den Spiegel. Da können wir zusammen deine Zähne zählen.“

An der OP-Leuchte befindet sich ein Spiegel, in dem kleine und große Patienten die Behandlung mit verfolgen können. Georg Dünzl stellt in seinem Artikel „Aus der Praxis – für die Praxis: Der Adenta Spiegel“ (DGZH-Mitteilungen April 2002) die Vorzüge dieses Spiegels dar.

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Wenn ich beim „Zähne zählen“ eine dunkle Rille oder eine braune Höhle entdecke, erzähle ich anschließend die Geschichte vom „Straßenreinigungsauto“ (siehe unten).

Auch wenn ein Kind noch keine eigenen Zahnarzterfahrungen hat, kann es trotzdem sein, dass es Angst hat. Vielleicht daher, weil es bewusst oder unbewusst negative Eindrücke über Zahnarztbesuche erhalten hat: Zahnarzt = Bohren = Schmerzen. Oft tragen unbedachte Äußerungen wie „Ich war heute beim Zahnarzt und es war ganz schrecklich“ (oder ähnliche Aussagen) dazu bei. Manchmal liegt dieser Angst des Kindes bei seinem ersten Zahnarztbesuch auch eine nonverbale Übertragung zugrunde: Die Mutter und / oder der Vater haben Angst vor Zahnbehandlungen und das Kind spürt dieses ganz genau.

Bei ängstlichen oder sehr schüchternen Kindern kann es vorkommen, dass sie ihren Mund nicht aufmachen möchten. Für mich ist das in Ordnung, da ich Kinder in ihrer Persönlichkeit respektiere. Jedoch erwarten einige Mütter, dass ihr Kind den Mund aufmachen und seine Zähne nachsehen lassen soll. Dann erkläre ich ihnen, dass das Verhalten ihres Kindes ganz natürlich ist, weil alles ungewohnt und neu ist. Gleichzeitig versichere ich ihnen, dass alle Kinder beim nächsten Termin ihren Mund öffnen.

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Zum Kind sage ich dann: „Lass deinen Mund ruhig zu (Symptomverschreibung / Musterunterbrechung). Heute spielen wir ein bisschen und ich erkläre dir erst alles. Und wenn du das nächste Mal kommst, dann bist du schon viel größer und kennst dich hier schon gut aus. Dann kannst du auch deinen Mund aufmachen und wir können deine Zähne zählen (Seeding). Ist das okay?“

Jede Behandlung endet mit folgenden Ritualen:

Das Kind setzt sich so hin, dass seine Beine seitlich am Stuhl herunterhängen. Es sitzt mir in Augenhöhe gegenüber. Dann sage ich: „Ich möchte gern wissen, wie stark du bist. Gib mir deine beiden Hände und drücke meine Hände so fest du kannst! Und schau mich dabei an!“ Jedes Kind will stark sein und drückt fest zu. Ich lobe das Kind: „Du bist ja wirklich stark!“ oder „Du bist ja seit dem letzten Mal noch stärker geworden!“ Dabei schaue ich dem Kind in die Augen, ob es wirklich wach ist. Dieses Ritual dient der Dehypnose.

Dann spielen wir noch das „Wasserspiel“: Die Kinder dürfen das Knöpfchen drücken, wo das Wasser in den Mundspülbecher läuft. Dann zuerst mit dem kleinen “Schlürfi” das Wasser aussaugen, dann wieder einfüllen und anschließend mit dem großen Schlürfi oder NOO-NOO (der Robotsauger von den Teletubbies) wieder leer saugen.

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Zum Abschluss darf sich jedes Kind ein kleines Geschenk aussuchen, unabhängig davon, ob es seinen Mund aufgemacht hat oder nicht. Wichtig ist, dass das Kind die Praxis mit einem positiven Gefühl verlässt.

Hypnose bei der Kinderbehandlung hat für alle Beteiligten so viele Vorteile, dass wir sie bei jedem Kind anwenden. Durch das „Prinzip der kleinen Schritte“ und durch verhaltenstherapeutische Interventionen „Tell –Show – Do“ (Erzählen – Zeigen – Machen) werden die Kinder mit der fremden Umgebung, den Instrumenten, Geräuschen und Behandlungsschritten vertraut gemacht. Dieses „Spielen“ führt dazu, dass sie sich sicher und kompetent fühlen. So wird in den meisten Fällen die spätere Behandlung für uns zum “Kinderspiel”. Durch ständiges Loben stärken wir das Selbstwertgefühl des Kindes.

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Der sanfte Zugang gibt den Kindern das Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit. Hypnose erleichtert die Zahnbehandlung und verkürzt die Behandlungsdauer: Wenn ein Vertrauensverhältnis aufgebaut ist, lassen sich Kinder bereitwillig behandeln.

Kinder lernen sehr schnell, in Trance zu gehen und können diese Fähigkeit bei späteren Behandlungen und ähnlichen Situationen (Kinderarzt, Krankenhaus, Verletzungen) nutzen.

Durch Kinderhypnose erreichen wir, dass wir selbst sehr viel Spaß bei der Kinderbehandlung haben, dass der Zahnarztbesuch für Eltern und Kinder zu einer angenehmen Erfahrung wird und die Kinder sich darauf freuen wiederzukommen.

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Erster Zahnarztbesuch – Geschichte fürs Kind

DIE GESCHICHTE VOM „STRASSENREINIGUNGSAUTO“

Bei uns in der Straße fährt manchmal frühmorgens ein ganz großes Auto. Es ist ungefähr so groß wie ein Müllauto und genauso laut, aber das Auto, das ich meine, hat etwas ganz Besonderes: Es hat unten einen großen runden Besen. Der große runde Besen dreht sich und dabei reinigt er die Straße. Ich nenne es „Straßenreinigungsauto“, aber manche Leute sagen dazu „Kehrmaschine“. Hast du das Straßenreinigungsauto auch schon mal gesehen? Wenn nicht, dann kannst du dir sicher vorstellen, wie es aussieht und wie es mit seinem großen runden Besen die Straße reinigt.

Also, wir spielen jetzt, deine Hand ist die Straße und dies (rundes Bürstchen im grünen Winkelstück) ist das Straßenreinigungsauto. Dabei nehme ich die Hand des Kindes mit dem Handrücken nach oben, hebe sie leicht an und berühre mit dem Bürstchen einen Fingernagel. Oft wird dadurch schon eine Handkatalepsie erzeugt.

Jetzt dreht sich der runde Besen vorsichtig und langsam und reinigt die Straße – und das Straßenreinigungsauto ist ganz laut

Die Kinder sagen dann meistens, dass es kitzelt, und lachen.

Und jetzt spielen wir, die Zähne sind die Straße, und dann kommt das Straßenreinigungsauto, es ist ganz laut, und reinigt die Straße und es kitzelt ein bisschen…

Autorin: Dr. Gabi Behneke

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